Jugend mit Schuppenflechte – in diesem Camp gibt es Hoffnung und Hilfe

Jugend mit Schuppenflechte – in diesem Camp gibt es Hoffnung und Hilfe

Bei uns erfährst Du mehr über die Hautkrankheit.

quer-teaser-schuppenflechte© iStock

Der Psychologe kommt als letzter, kurz vor 23 Uhr, aber er hat eine gute Ausrede: "Die Autobahn war gesperrt, ich musste Umwege fahren", erklärt er. 
Rolf Bauer aus Berlin ist Psychologe und bereits seit vielen Jahren dabei, wenn der Deutsche Psoriasis Bund ins Sommercamp für junge Schuppenflechte-Patienten einlädt. Diesmal ist Duisburg das Ziel der elf Teilnehmer zwischen 16 und 28 Jahren. Sie kommen aus allen Teilen Deutschlands. Einige von ihnen waren bereits in den Jahren zuvor dabei und freuen sich auf das abwechslungsreiche Programm. Sie treffen alte Bekannte wieder und schließen neue Freundschaften. Sie erleben drei unterhaltsame Tage in Gemeinschaft, inklusive abenteuerlicher Ausflüge, beispielsweise in einen Klettergarten. Auch ist Zeit für intensive Gespräche über die Psoriasis. 

schuppenflechte-gruppe © Klaus Becker
Im Workshop referiert Hautarzt Sascha über Psoriasis und Möglichkeiten der Behandlung

Felix im Klettergarten

Felix der einzige männliche Teilnehmer und mit seinen 16 Jahren der Jüngste. Von der Hauterkrankung ist bei ihm nichts zu sehen - er ist symptomfrei wie die meisten der anderen Camp-Teilnehmer auch. Lediglich kleinflächige Rötungen am Ellenbogen oder an den Waden sind mitunter sichtbar. Felix ist groß, schlank und sportlich, spielt in seiner Freizeit Volleyball. Doch auch er hatte vor zwei Jahren Probleme, als die Schuppenflechte unvermittelt auf der Brust, auf dem Rücken und auf der Kopfhaut auftrat. "Zu dieser Zeit bin nicht mehr ins Freibad gegangen. Habe überhaupt wenig von meinem Körper gezeigt und litt unter der Frage, was die anderen wohl über mich denken." Doch als sich die Flechte zurückbildete, anfangs durch Kortison-Creme, später mit Spritzen, kam das Selbstbewusstsein zurück. "Auch die Unterstützung meiner Schulfreunde hat mir geholfen", sagt Felix. Ins Camp mit dem Titel "(P)so gut - gemeinsam" wollte er aber trotzdem unbedingt. "Der Austausch mit ebenfalls Betroffenen und die Gespräche mit dem Psychologen haben mir gutgetan. Ich kann jetzt besser mit meinen Emotionen umgehen!" 

felix-klettergarten© Klaus Becker
Felix (16) saust mit einer Seilrutsche durch den Klettergarten 

Laura, die wahre Kämpferin

Laura (20) aus Mainz schätzt das Gemeinschaftsgefühl bei den Freizeit-Aktionen: Am ersten Abend findet ein Volleyball-Turnier statt, am zweiten die "Schnitzeljagd". Hier treten drei Teams mit Fantasienamen gegeneinander an. "Die Chaoten" oder "Dream Team" kämpfen um Punkte und kleine Überraschungspreise. "Wortpaare bilden" ist eine der sechs Disziplinen. Hierbei müssen einzelne Wörter zu 24 Begriffen zusammengesetzt werden. Beispiel: "Haus" und "Meister" ergeben die Lösung "Hausmeister". Am Ende ergibt das Puzzle ein Lösungswort, das auf die nächste Station hinweist. Die „Chaoten“ Dela, Joana und Julia sind bei diesem Spiel zwar die schnellsten, brauchen dann aber fast 20 Minuten, bis sie die nächste Spielstation finden. Am Ende reicht es darum nur für Platz Drei. Beim Wissensquiz scheitern einige an Fragen wie "Wieviel Länder grenzen an Deutschland?" (9) oder "Welches Meer wird im Englischen als Baltic Sea bezeichnet?" (Ostsee). Die Studentin Laura ist bereits das dritte Mal dabei. 2015 und 2016 war sie mit am Biggesee bei Olpe (NRW) und jetzt als Jugend-Mentorin in der Jugendherberge in Duisburg. Sie hilft den Neuankömmlingen, sich zu akklimatisieren, bereitet Aktionen vor und steht wie ihre beiden Kollegen Florian und Henrike als Ansprechpartnerin jederzeit zur Verfügung. Auch Laura hat ihre Psoriasis-Geschichte: Sie wurde bei ihr wahrscheinlich durch den Tod des Großvaters ausgelöst (sog. Trigger). Beim Urlaub in Dänemark vor neun Jahren trat die Flechte erstmals auf - großflächig an Händen, Füßen und im Gesicht. „Den Urlaub am Meer habe ich trotzdem genossen", sagt Laura heute. Schon kurz danach hat Laura eine Reha-Kur angetreten, verschiedene Cremes ausprobiert - und ihre Haut wurde zunächst besser. Zwei Monate später allerdings wieder schlechter. Die Folge: Ein mehrwöchiger Klinikaufenthalt. Laura: "In der Schule bin ich aber gut mitgekommen. Meine Eltern haben mir die Hefte und Bücher auf die Station gebracht". Durch die systemische Therapie mit einem Biologikum besserte sich ihr Zustand zunächst, aber immer wieder gab es Rückschläge. Immer wieder musste sie ins Krankenhaus oder stundenweise in eine Tagesklinik.

henrike-schuppenflechte© Klaus Becker
Jugendmentorin und Studentin Henrike - erleichtert bei einem Zwischenstopp mit festen Boden unter den Füßen

Laura: "Von einer Mitschülerin wurde ich auch noch gemobbt. Das tat mir auch nicht gut!" Bei ihrem ersten Aufenthalt im Camp hat sie darüber unter Tränen auch mit dem Psychologen Rolf gesprochen. "Dieses Gespräch hat mir sehr geholfen und mir mein Selbstwertgefühl zurück gegeben", erklärt sie. "Nun kann ich damit abschließen.“
Laura hat inzwischen sogar ein Buch über ihre schlechten und guten Erfahrungen mit der Krankheit und den Menschen geschrieben. Titel: "Träume - in einer anderen Haut". Es gibt ein Happy End, wie auch im bisherigen Leben von Laura. "Es ist gut zu wissen, dass man mit dieser Hauterkrankung nicht alleine ist!" 

Lisa, die Optimistin

Auch Lisa (21) aus der Nähe von Bielefeld blickt am Ende des Workshops optimistisch in die Zukunft, obwohl der Verlauf ihrer Schuppenflechte gravierender war als bei den anderen Camp-Teilnehmern. Die Erzieherin erkrankte im Alter von zehn Jahren. Mit 16 Jahren diagnostizierte ein Rheumatologe dann Psoriasis-Arthritis - die Gelenke schmerzten, die Finger schwollen an. "Schließlich konnte ich nicht einmal mehr einen Stift in die Hand nehmen", sagt Laura. Ihr Hobby, das Windsurfen, konnte sie auch nicht mehr ausüben. Aber Lisa geht es heute, dank ihrer individuellen Therapie mit einem Biologikum, regelmäßigen Reha-Maßnahmen an der Nordsee und dem unbedingten Willen, die Einschränkungen zu überwinden oder zumindest zu lindern, inzwischen wieder deutlich besser. „Auch durch dieses Camp, in dem man Gleichgesinnte trifft und offen mit allen über alles sprechen kann", erklärt Lisa. So auch mit Sascha, genauer Dr. Sascha Gerdes, Dermatologe von der Uniklinik Kiel. Auch er gehört seit Jahren zur Crew und informiert in seinem Workshop über die Hauterkrankung, über individuelle Therapie-Möglichkeiten und neue Medikamente. 

Sportlicher Höhepunkt ist in Duisburg ein Ausflug in den Hochseilgarten. Gut gesichert mit Gurten und Karabinerhaken steigen die Camp-Teilnehmer in die Bäume - bis auf eine Höhe von 20 Metern. "Das braucht schon Mut", meint Felix. "Aber es ist auch schön, sich selbst zu überwinden und dieses Abenteuer mit den anderen Camp-Leuten zu erleben!" Beim Abschied nach dem Mittagessen am nächsten Tag fließen Tränen. Und von vielen kommt das Versprechen, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein.

lisa-klettergarten© Klaus Becker
Lisa (21) kämpft sich im Hochseilgarten durch den Laubwald
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