
Heute vor genau einem Jahr lernte ich meine große Liebe Emily kennen, als ich in der Schule in eine Rauferei mit Alex geriet und mir dabei ein blaues Auge und heftiges Nasenbluten holte. Emily war damals im Schulsanitätsdienst und verarztete mich. Um ehrlich zu sein, fiel sie mir da noch gar nicht richtig auf, ich war noch viel zu aufgewühlt wegen dem blutigen Streit. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte, dabei hörte sie mir aufmerksam zu. Später merkte ich, wie gut mir dieses Gespräch getan hatte und fragte sie schließlich nach einem kleinen Ausflug ans Meer. Aus dem kleinen Ausflug wurde ein ganzer Tag, bei dem wir uns immer näher kamen.
Ich merkte, wie gut ich mich mit ihr verstand. Sie war unglaublich hübsch, fröhlich, unkompliziert und lachte viel, dabei hatte sie immer niedliche Grübchen. Es machte unheimlich Spaß ihr zuzuhören, wenn sie begeistert von ihren Träumen erzählte, die sie gerne noch in ihrem Leben erreichen möchte. Es waren vor allem Reisen, von denen sie sprach und ihre blauen Augen funkelten dabei immer vor Begeisterung. Sie sagte zu mir, sie wolle die Welt mit ihren eigenen Augen sehen, mit ihren eigenen Händen anfassen und mit ihrem Herzen spüren, was es heißt, wirklich zu leben. Das inspirierte mich und ich ließ mich von ihrer puren Lebenslust anstecken.
Ab da ging alles rasend schnell. Wir verabredeten uns am nächsten und am übernächsten Tag und wurden bald unzertrennlich und dann, in einer heißen Augustnacht, verloren wir unsere Unschuld. Aber eines Abends, als ich sie nach Hause bringen wollte, erzählte sie mir ein schreckliches Geheimnis, das mich innerlich beinahe umbrachte. Emily war, so unfassbar es klingt, an Leukämie erkrankt und die Ärzte hatten die Hoffnung bei ihr schon längst aufgegeben. Es war sowieso schon ein Wunder, dass sie es bis zu diesem Sommer überhaupt geschafft hatte. Emily meinte, dass sie bestimmt noch lebte, weil sie mich noch kennenlernen und wahre Liebe erleben sollte, bevor sie ging. Ich glaube, das war das größte Kompliment, das ich jemals bekommen habe.
So erlebten wir beide unseren schönsten Sommer und haben so viel Liebe gespürt, wie sie andere vielleicht noch nicht ein Mal in einem ganzen Leben spüren. Und dann ist sie gestorben. Ich weiß noch genau, wie es war, als sie neben mir im Krankenhausbett eingeschlafen ist, ruhig und friedlich. Kurz bevor sie starb, sagte sie mit zitternder Stimme, dass sie auf mich warten wird und dass ich keine Angst haben soll, denn sie wird immer bei mir sein. Da habe ich ihre Hand genommen und sie zärtlich geküsst. Obwohl ich wusste, dass dieser Tag kommen würde, war es trotzdem undenkbar schmerzhaft. Ich war furchtbar wütend und traurig. Warum musste es ausgerechnet Emily treffen? Sie war doch ein so gütiger, lebensfroher und einzigartiger Mensch, den es nirgendwo ein zweites Mal gab. Sie war doch gerade mal 17, viel zu jung zum Sterben. Und ich habe sie doch so geliebt!
Ihr Tod ist nun schon ein Jahr her, trotzdem vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke, denn sie hat mir gezeigt, wie wertvoll und schön das Leben ist!