
Auch wenn sich in vielen Ländern die Gesetze zu einer Abtreibung gelockert haben, ist ein Schwangerschaftsabbruch immer noch ein sehr umstrittenes Thema. Dennoch meldete das Statistische Bundesamt im Jahr 2016 allein 98.721 Schwangerschaftsabbrüche. Doch auf Grund der mangelnden Aufklärung zum Thema Abtreibung denken viele Frauen, dass ein derartiger Eingriff nur operativ stattfinden kann. Denn auch wenn allein in Deutschland rund 14% aller Abtreibungen mit einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wurden, gibt es immer noch offene Fragen, die zur Abtreibungspille und Abtreibungskosten gestellt werden. Wir wollten Antworten auf diese Fragen und haben uns mit dem Gynäkologen Dr. med. Ludwig Baumgartner unterhalten.
Abtreibungspille: Was ist das?
Anstelle eines operativen Eingriffes, zum Beispiel eine Ausschabung beim Frauenarzt, haben die betroffenen Frauen die Möglichkeit, sich für einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Hierfür wird ein Medikament mit dem Wirkstoff Mifepriston, die sogenannte „Abtreibungspille“, verabreicht. Mifepriston ist ein Steroid, das ähnlich wie das weibliche Geschlechtshormon Progesteron aufgebaut ist. „Die Abtreibungspille sorgt für die Beendigung einer schon bestehenden Schwangerschaft, indem sie die hormonelle Versorgung der Schwangerschaft unterbindet und die Gebärmutterhöhlenschleimhaut ablöst“, erzählt Dr. Baumgartner. Dieses Medikament ist nicht zu verwechseln mit der „Pille danach“, welche nach einem Verhütungsunfall nur einen bevorstehenden Eisprung und somit das Einnisten einer Eizelle verhindert. Sobald sich das Ei bereits eingenistet hat und man schon schwanger ist, verliert die „Pille danach“ ihre Wirkung. Daher ist diese auch Rezeptfrei erhältlich, wohingegen die Abtreibungspille nur von einem Arzt verschrieben werden kann, der den kompletten Vorgang auch betreut.
Abtreibung: Ab wann und bis wann können Schwangere ein Kind abtreiben?
Eine Abtreibung ist in Deutschland möglich, allerdings nur in einem ganz bestimmten, gesetzlich geregelten Rahmen. Was den Zeitraum der möglichen Abtreibung betrifft, ist dies bis zur 12. bzw. 14. Schwangerschaftswoche erlaubt. Beide Zeiträume sind gleich lang und umfassen 12 Wochen. Doch von der 12. SSW spricht man, wen man vom Tag der Befruchtung aus rechnet und von der 14. SSW, wenn man vom ersten Tag der letzten Blutung aus rechnet.
Bis wann kann man die Abtreibungspille nehmen?
Die Abtreibungspille kann bis zur 63 Tage nach dem ersten Tag der letzten Periodenblutung eingenommen werden - also genau neun Wochen nach dem Start der Periode. Bevor man sich für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, wird ein Gespräch bei einer Beratungsstelle zum Thema Abtreibung vorgeschrieben. Erst frühestens drei Tage nach diesem Termin dürfen die Tabletten dann in Gegenwart eines Gynäkologen eingenommen werden.
Die Abtreibungspille wird als sehr wirksam bezeichnet, wie Dr. Baumgartner berichtet. Nur bei 5% aller Schwangeren muss im Nachhinein noch ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden.
Doch was kostet die Abtreibungspille eigentlich?
In den meisten Fällen müssen die Kosten für die Abtreibungspille von der Patientin übernommen werden. Diese liegen durchschnittlich zwischen 300 und 450 Euro. Darin sind dann aber auch alle erforderlichen Medikamente sowie die ärztliche Betreuung und jegliche Untersuchungen inbegriffen.
Nur wenn die Schwangerschaft das Leben der Mutter gefährdet oder das Baby schwer krank auf die Welt kommen könnte, kann es sein, dass die Krankenkasse für diese Kosten aufkommt.
Wer bekommt die Abtreibungspille und für wen ist die Abtreibungspille nicht geeignet?
Wie läuft eine Abtreibung mit Mifepriston genau ab?
Mifepriston ist ein Wirkstoff im Präparat Mifegyne. Es handelt sich hierbei um einen Schwangerschaftsabbruch durch ein Medikament. Bis zum 63. Tag nach dem ersten Tag der letzten Monatsblutung, kann dieses Präparat eingesetzt werden. Mifegyne ist nicht in der Apotheke erhältlich und wird nur vom Arzt entweder in der Praxis oder in der Klinik angewandt.
Mit Mifepriston, wird die Wirkung des Gelbkörperhormons aufgehoben und somit die Weiterentwicklung des Embryos im Bauch verhindert. Die Schwangerschaft wird somit gestoppt, da sich sowohl die Gebärmutterschleimhaut als auch die Fruchtblase des Embyros lösen. Bei dieser Art von Abtreibung ist eine Ausschabung nicht notwendig, denn innerhalb weniger Stunden des Medikaments, kommt es zu einer Abbruchblutung, bei der sowohl die Gebärmutterschleimhaut, als auch der kleine Embryo ausgestoßen werden.
Abtreibungspille: Welche Nebenwirkungen hat sie?
Die meisten Nebenwirkungen sind nicht direkt der Abtreibungspille zuzuschreiben. So muss die Patientin 36 bis 48 Stunden nach ihrer Einnahme der Abtreibungspille ein zweites Medikament mit dem Wirkstoff Prostaglandin einnehmen. Das dient dazu, künstliche Wehen auszulösen und somit den bereits abgestorbenen Embryo auszuscheiden. Folgende Nebenwirkungen können bei diesem Prozess auftreten:
- Blutungen
- Unterleibsschmerzen
- Übelkeit sowie Erbrechen
- Durchfall
- Hautausschläge
- Kopfschmerzen
- Fieber
- Schwindel
- Hitzewallungen und/oder Kältegefühl
Sehr selten kann es bei einer falschen Anwendung des Prostaglandin schlimmere Folgen haben und zu starken Infektionen kommen. Außerdem ist der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch nicht für jede Frau geeignet. Daher ist es sehr wichtig, sich vor dem Eingriff auch noch einmal mit dem Gynäkologen über bereits bestehende Krankheiten wie Asthma, Unterernährung usw. ausgiebig zu unterhalten.
Natürlich handelt es sich bei einer Abtreibung um eine Entscheidung, die alles andere als einfach ist. Solltest du ungewollt schwanger sein, dann sprich mit deiner BFF, deinem Freund oder sogar mit deinen Eltern darüber. Auch ein Gespräch mit deinem Gynäkologen kann dir die Entscheidung vielleicht etwas erleichtern. Du wirst sehen - sie werden für dich in dieser Zeit da sein! Sollte es jedoch der Fall sein, dass du mit keinem Vertrauten sprechen willst oder sogar kannst, gibt es die Möglichkeit, sich an folgende Beratungsstellen zu wenden:
Wer bekommt die Abtreibungspille und für wen ist die Abtreibungspille nicht geeignet?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Frauen, die beispielsweise an schwerem Asthma erkrankt sind oder chronische Erkrankungen haben, dürfen die Abtreibungspille nicht nehmen. Sie können stattdessen eine chirurgische Abtreibung, also Ausschabung oder Absaugung unter Vollnarkose, vornehmen lassen. Ist die Gesundheit garantiert, bekommt man die Abtreibungspille lediglich beim Frauenarzt oder im Krankenhaus, da diese unter Aufsicht eingenommen werden muss.
Sind die psychischen Folgen bei einer Abtreibung mit der Abtreibungspille weniger schlimm, als bei einem operativen Eingriff?
Eine direkte Antwort können wir dazu nicht geben. Jeder Schwangerschaftsabbruch verläuft unterschiedlich ab und kann auch unterschiedliche Emotionen bei der Schwangeren auslösen. So kann und darf nicht voreilig darüber geurteilt werden, dass ein operativer Eingriff „weniger“ schlimm ist. Es kommt ganz darauf an, unter welchen psychischen Umständen sich die schwangere Frau befindet und was der genaue Grund für die Abtreibung ist. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nie eine leichte Entscheidung und sollte vorher gut durchdacht und besprochen sein.
Was viele Frauen nach der Abtreibung allerdings doch oftmals gemeinsam haben, sind die Gedanken und Gefühle zum „Was wäre wenn“ – Moment. „Wie weit wäre ich jetzt während der Schwangerschaft?“, „Wäre es ein Mädchen oder ein Junge geworden?“. Auch wenn der Partner für seine Freundin oder Frau da sein möchte, so fühlen sich einige Betroffene trotz alle dem nicht richtig verstanden.
Diese möglichen psychischen Folgen kann eine Abtreibung hervorrufen:
- Depressionen
- Schuldgefühle
- Beziehungsstörungen
- Gefühlskälte
- Albträume
- Suchtentwicklung
Fazit: Abtreibungspille oder chirurgischer Eingriff?
Keine Methode ist grundsätzlich besser oder schlechter. Jedoch ist nicht jede Abtreibungsart für alle Frauen geeignet. Wichtig ist, dass du dich ausführlich beraten lässt und dich über die Vor- und Nachteile von Ausschabung, Absaugung und Abtreibungspille beraten lässt. Nur so kannst du eine individuelle Entscheidung für oder gegen eine der Abtreibungsmethoden treffen.
